Bericht über Fabio Klingler

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Der Zürcher ist jetzt ein Montlinger

Montlingen dominiert das Spiel gegen Rebstein von A bis Z und gewinnt 4:0. Fabio Klingler scheidet kurz vor Halbzeit verletzt aus, wird also vom Spielgestalter zum Zuschauer. Diese brüske Veränderung passt auch zu seinem Fussballerleben.

Von: Beni Bruggmann, Galledia Regionalmedien AG

Fabio Klingler ist ein talentierter Fussballer. Er wächst in Winterthur auf, beginnt bei seinem Stammverein Phönix bei den F-Junioren, spielt ab den D-Junioren bei Winterthur, wechselt in den Nachwuchs von GC und kommt unter Trainer Hanspeter Latour sogar zu zwei Einsätzen – gegen den FCZ und Xamax – in der Super League. Parallel spielt er dort, wo die besten Jungen spielen: In der Schweizer Nachwuchs-Nationalmannschaft. Mit dem U17-Team erlebt er die EM in Italien, mit der U19 bestreitet er 14 Länderspiele. Unter seinen Mitspielern: Yann Sommer und Ivan Rakitic. Die Tür zum Spitzenfussball steht für den jungen Mann offen.

Aber er geht einen anderen Weg. «Ich war 20, hatte gute Freunde, liebte den Ausgang und genoss es, zu feiern. Ich spürte: Spitzensport ist nicht mein Weg.» Der Fussballer, der in Zürich die Lehre als Berufssportler gemacht hatte, also das KV in vier Jahren, um Schule und Fussball zu verbinden, mit dem Ziel, einmal «ein Grosser» zu werden, sagt heute: «Die Kraft, die ein Profi braucht, hatte ich damals gar nicht.» Er ist konsequent, verlässt GC, spielt ein Jahr in Gossau und landet dann in der tiefsten Fussball-Provinz, im Rheintal, in Montlingen.

Da ist er neun Jahre später, noch immer. Der 30-Jährige sagt überzeugt: «Ich freue mich über meine Familie, habe einen guten Beruf und kann immer noch Fussball spielen. Ich bin glücklich.»

«Hier fühle ich mich richtig daheim»

Die Familie Klingler wohnt in Oberriet. Seine Frau Sariska, eine Montlingerin, hat Fabio Klingler beim «Rock am Fels» kennengelernt. Zur Familie gehören auch Malia (zwei Jahre alt) und Jaden (vier Monate).

Fabio Klingler arbeitet als Personalfachmann bei der Firma Oertle Instrumente AG in Berneck. Sein Arbeitsschwerpunkt: Neue Mitarbeiter auf ihre Eignung prüfen. Über diese Firma liest man im Internet: «Oertle gibt es auf der ganzen Welt, aber das Herz schlägt in Berneck im Rheintal».

Der Beruf hat ihn damals ins Rheintal geführt. Ein bisschen Fussball musste es aber nebenbei doch noch sein. «Ich wurde beim FC Montlingen sehr gut aufgenommen. Hier fühle ich mich richtig daheim», sagt er.

Er spielt im offensiven Mittelfeld, beweist grosse Übersicht und glänzt durch genaue, weite Zuspiele. Er ist ein Spielgestalter. Das ist auch gegen Rebstein so. Aber der Regisseur ist im Mannschaftgefüge nach hinten gerutscht. Er spielt Verteidiger. Defensiv hat er wenig Arbeit. Aber für die Offensive ist er wichtig. Die meisten Angriffe beginnen bei ihm, links hinten, auf der Position des linken Aussenverteidigers.

Von da aus spielt er die sicheren kurzen Pässe und die öffnenden weiten.

Zum Jubel: «Den Weg erspare ich mir»

Montlingen startet stark ins Spiel und führt nach einer halben Stunde bereits 2:0. Bei beiden Toren stürzen sich die Mitspieler wie gewohnt auf den Doppeltorschützen Fabian Wüst, um ihn gemeinsam zu feiern.

Nur Klingler spaziert zur nahen Spielerbank und nimmt einen Schluck aus der Trinkflasche. Nach dem Spiel auf diese Spaziergänge angesprochen, scherzt er: «So kann ich mir einen weiten Weg ersparen.» Damit hat er seinen Schwachpunkt erwähnt: In Sachen Kondition gehört er nicht zu den Besten.

Vor der Pause verletzt er sich in einem Zweikampf am Knie und scheidet aus. Noch in der Kabine gibt er Antworten. Im Gespräch spürt man, dass der abgewandelte Oertle-Satz auch für den gebürtigen Winterthurer passt: Fussball gibt es auf der ganzen Welt, aber mein Herz schlägt in Montlingen im Rheintal.