Experiment vorerst geglückt
Sieben Akteure – mehrheitlich Stammspieler – haben den FC Montlingen im Winter verlassen. Neu kamen zwei namhafte Spieler, die restlichen acht Kicker rekrutierte der Klub aus dem eigenen Nachwuchs. Mit Erfolg.
Verteidiger Stefan Jokiel (rotes Trikot) hatte von den jungen Montlinger Spielern am meisten Einsätze. Er bestritt sechs Spiele über 355 Minuten. Giuliano Aloi kam auf fünf Spiele und 141 Einsatzminuten. Nando Lüchinger, Fabio Wörnhard, Goalie Pascal Wittwer, Elia Fernandez und Marco Di Giulio standen je ein- oder zweimal in einem 2.-Liga-Spiel auf dem Platz.
Die Radikalität dieses Umbruchs liess einige Beobachter befürchten, der FC Montlingen stürze in der Rückrunde sportlich ab. Doch Mirco Castrovinci – der Trainer war ebenfalls neu, er ersetzte den auf kommende Saison bei Au-Berneck anheuernden Jürgen Maccani – schaffte es, Montlingen in der Verfolgergruppe des 2.-Liga-Spitzenduos Buchs/Weesen zu halten. Bisher holte der FCM in der zweiten Saisonhälfte 13 Punkte. Morgen um 17 Uhr in Mels geht es nur noch um die Frage, auf welchem Platz zwischen drei und sechs die Kolbensteiner die Saison abschliessen. Die Meisterprüfung schlossen die verjüngten Montlinger mit dem 2:1-Heimsieg gegen Weesen ab. Gut möglich, dass diese Niederlage fürs Team vom Walensee entscheidend ist, wenn es den Aufstieg in die 2. Liga inter nicht schafft.
«Mehr Jugend – mehr Montlingen», nannte Präsident Patrick Zäch das Projekt, das in die- ser Ausprägung als Experiment wahrzunehmen war. Zehn Spiele später kann er bilanzieren: «Experiment geglückt.» Die Einschätzung, dass dieser Ausgang nicht habe erwartet werden können, lässt Zäch nicht ganz gelten: «Wir im Vorstand haben das schon erwartet – ich gebe aber zu, dass es optimistische Erwartungen gewesen sind.»
Die Zeit, um das Experiment zu starten, war günstig
Für eine endgültige Bilanz dieses Experiments ist es aber noch zu früh: Der FC Montlingen starte-te mit einem Guthaben von 20 Punkten in die Rückrunde, der Vorsprung auf die Abstiegsplätze betrug 14 Punkte. Schluein Ilanz – das von zwei Absteigern besser Klassierte – kam bis jetzt nur auf 14 Zähler. Mit einem solchen Polster lässt sich einfacher spielen, als wenn nach zwei oder drei Niederlagen bereits das Damoklesschwert des Abstiegs im Nacken sitzt. Das sieht auch Zäch so, relativiert aber: «Im Fussball hängt oft viel davon ab, ob eine Mannschaft einen Lauf hat. Wir könnten zu Beginn der nächsten Saison auch mit einer hochdekorierten Mannschaft in Gefahr geraten, wenn uns der Start nicht gelingt.»
Jedenfalls hat die Rückrunde Zäch und seine Vorstandskollegen darin bestärkt, das Motto «Mehr Montlingen wagen» weiter mit Leben zu füllen. So kehren mit Florian Haltiner (von Widnau) und Mergim Osmani (von Au-Berneck) zwei Spieler auf den Kolbenstein zurück, die bereits Erfahrungen in der höchsten Regionalliga gesammelt haben.
Dennoch schmerzt der seit dieser Woche feststehende Wegzug von Topskorer Marko Zdravkovic zum Ligakonkurrenten FC Ruggell. «Wir werden versuchen, diesen Abgang nach unseren Möglichkeiten zu kompensieren», sagt Zäch. Denn Zdravkovic war einer der wenigen Spieler im Rheintal, der ein knappes Spiel für die eigene Mannschaft entscheiden kann. Allerdings hat er in der Rückrunde vier Spiele wegen einer Sperre und zwei wegen Abwesenheit verpasst. Seine ersten zwei Tore des Jahres erzielte Zdravkovic vor einer Woche beim Heimsieg gegen Rapperswil II.
Das Beispiel unterstreicht, auch weil noch andere Titulare ausfielen, dass Montlingen mit dem «Jugendstil» auf einem guten Weg ist.
Das sieht auch Mirco Castrovinci so, der frühere A-Juniorentrainer, der zusammen mit seinem Assistenten Ramon Lüchinger die Talente an die erste Mannschaft herangeführt hat: «Wir haben vielleicht kurzfristig Qualität eingebüsst, aber langfristig dazu gewonnen.» Was er damit meint: Einige junge Spieler haben schon ein halbes Jahr Erfahrungen im Aktivfussball gemacht: «Davon können sie in der Zukunft zehren.»
«Die gute Rückrunde zeigt, dass wir gute Nachwuchsspieler haben – sportlich wie menschlich», sagt Zäch. Seinen Trainer der ersten Mannschaft lobt er dafür, wie er ihren grössten Schritt im Fussball – von den A-Junioren zu den Aktivfussballern moderiert hat: «Castrovinci hat die Jungen zwar forciert, ihnen aber immer auch wieder Pausen gegeben. Zur Jugendförderung gehört es auch, die jungen Spieler nicht zu verheizen.»
Eine Herausforderung war der Umbruch auch für die A-Junioren des FC Montlingen. Sie haben sich zwar im Mittelfeld der 1. Stärkeklasse klassiert und den Ligaerhalt problemlos geschafft. «Die Klassierung täuscht aber darüber hinweg, dass es für sie und gerade auch ihren neuen Trainer Alberto Aloi nicht immer einfach gewesen ist», sagt Zäch. Auch er als Präsident sei gefordert gewesen. Im ersten Jahr seiner Präsidentschaft ist Zäch deshalb bewusst geworden: «Das wichtigste Instrument der Vereinsführung ist eine gute und fortwährende Kommunikation innerhalb des Klubs.»
Der Anspruch des FCM bleibt, in der 2. Liga zu spielen
Das Jugend-Experiment des FC Montlingen ist noch nicht abgeschlossen. Der Anspruch bleibt, in der 2. Liga zu spielen. Was ist, wenn die Mannschaft in der nächsten Vorrunde in Abstiegsgefahr gerät? «Dann müssen wir im Winter über die Bücher», sagt Zäch, «die Marschrichtung werden wir aber nicht grundlegend ändern.»
Zäch hat auch die gute Stimmung im Verein wahrgenommen: «Ich habe nur positive Rückmeldungen auf unseren Umbruch erhalten», sagt er. Niemand, der gemahnt hat, der Weg sei gefährlich? «Klar ist er gefährlich, aber wäre es nicht erst recht gefährlich, die Mannschaft hochzurüsten?»
Das ist die Frage, welche Perspektive ein Verein verfolgt; die kurz- oder die langfristige.